In Ihrem neuen Buch vertreten Sie die These, dass es kein angeborenes Talent gibt. Das widerspricht jedoch der allgemeinen Auffassung, dass außergewöhnliche Leistungen nur durch angeborene Begabung möglich sind.
Dr. Jörg Deike: Die Vorstellung, dass Talent der entscheidende Faktor für Spitzen-leistungen ist, ist weit verbreitet – aber nicht korrekt. Die aktuelle Forschung hat bis zum heutigen Tag kein Gen gefunden, das die Grundlage für Talent ist. Die Grundlage für Höchstleistung ist vielmehr intensives und strategisches Training. Talent ist nicht not-wendig, um Weltklasse zu erreichen – entscheidend ist die Fähigkeit, langfristig und gezielt zu üben. Dabei spielt das Unterbewusstsein die zentrale Rolle; es ist der eigentliche Motor unserer Leistung. Viele Höchstleistungen, wie Taktik, Technik und mentale Stärke, sind im Unterbewusstsein verankert. Es ist wesentlich leistungsfähiger als unser Bewusstsein, das allein keine Spitzenleistung erbringen kann.
Aber es gibt doch unzählige Beispiele von „Wunderkindern“, die ohne viel Übung unglaubliche Leistungen erbringen. Wie erklären Sie das?
Solche Fälle sind oft stark übertrieben dargestellt. Auch Wunderkinder investieren viele Stunden in ihr Training, oft schon von klein auf. Ihr „Talent“ ist das Ergebnis intensiven Übens, das sich über die Jahre summiert. Die wahre Quelle ihrer Leistung ist ihr Unter-bewusstsein, das durch konsequentes Training und die richtige Einstellung geschult wurde. Wenn diese Prozesse im Unterbewusstsein verankert sind, können sie in Situationen maximaler Leistung abgerufen werden, oft sogar ohne das aktive Bewusstsein – wie es zum Beispiel im „Flow-Zustand“ der Fall ist.