Ob Rauchverbot, Tempolimit oder Zuckersteuer – viele Menschen sind erstmal dagegen. Doch solche Maßnahmen können dabei helfen, gesellschaftliche Probleme wie Gesundheitskrisen oder den Klimawandel zu bewältigen. Eine neue Studie unter Leitung der Universität Wien und der Technischen Universität München zeigt: Der größte Widerstand gegen systemische Eingriffe entsteht vor der Einführung. Nach ihrer Umsetzung sinkt die Ablehnung deutlich. Die Forscher haben den dahinterliegenden Mechanismus offengelegt und liefern damit wichtige Erkenntnisse für eine passende Kommunikation solcher Maßnahmen. Die Studienergebnisse wurden aktuell in der renommierten Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht.
Die Einführung neuer systemischer Maßnahmen ist oft mit einer Sorge vor gesellschaft-licher Ablehnung verbunden. Und tatsächlich zeigen viele Studien, dass Menschen sehr negativ reagieren, wenn sie ihre persönliche Freiheit eingeschränkt sehen. In der Psychologie nennt man das "Reaktanz."
Eine neue Studie von Armin Granulo (Technische Universität München), Christoph Fuchs und Robert Böhm (beide Universität Wien) untersuchte nun, ob sich die psychologische Reaktanz über die Zeit verändert. Hierfür verwendeten die Forscher unterschiedliche Datenquellen – etwa Umfragedaten zur Einführung von Rauchverboten an Arbeits-plätzen in verschiedenen europäischen Ländern. Sie analysierten auch Fahrverbote und Steuererhöhungen auf Fleisch und Alkohol. Die Ergebnisse zeigten: Oft ist die Ablehnung nur vorübergehend. Während die psychologische Reaktanz vor der Einführung systemischer Maßnahmen am höchsten war, nahm sie direkt nach der Umsetzung der Maßnahmen beträchtlich ab.
Studienleiter Granulo von der TU München erklärt: „Nachdem Rauchverbote in einigen europäischen Ländern angekündigt wurden, war die Ablehnung in der Bevölkerung zunächst groß. Aber schon kurz nach der Einführung sank die Ablehnung deutlich. Sie war dann sogar teilweise geringer als in den Ländern, in denen kein Rauchverbot eingeführt wurde. Der Widerstand gegen systemische Maßnahmen ist also weniger stabil, als viele Politiker befürchten.“